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Aasmaanie Inqalab (himmlische oder blaue Revolution) ist eine moderne junge Frau in Pakistan. Vor 12 Jahren ist ihre Mutter verschwunden, die nach dem Tod ihres Geliebten, eines bekannten Dichters, in Depressionen versunken war. Seither leidet Aasmaanie, die sich auch schon vorher von ihrer Mutter häufig verlassen gefühlt hat. Die Mutter (Samina Akram) war Feministin und aktive Oppositionelle, die ständig unterwegs war, um an Versammlungen und Demonstrationen teilzunehmen. Aasmaanie tritt eine neue Stelle bei einem Fernsehsender an und trifft dort auf Mir Adnan Akbar Khan (genannt Ed), Sohn der populären Schauspielerin Shenaz Saeed. Zwischen beiden entwickelt sich ein ambivalentes Verhältnis zwischen Zuneigung und Abstoßung. Eds Beziehung zu seiner Mutter ist ebenfalls gestört wegen ihrer Abwesenheit während der Dreharbeiten. Shenaz Saeed erhält eine verschlüsselte Botschaft in einem Code, der nur von Samina und dem Dichter (der sich Nazim nannte nach Nazim Hikmet, dem türkischen Dichter, der lange inhaftiert war und dessen Texte in der Türkei nicht publiziert werden durften) verwendet worden war. Aasmaanie kennt den Code und kann die Nachricht entschlüsseln. Sie scheint von ihrer verschwundenen Mutter zu sein. Nach und nach treffen weitere verschlüsselte Botschaften ein, die bei Aasmaanie zunehmend den Eindruck erwecken, dass der Dichter, der 16 Jahre lang inhaftiert gewesen ist, noch lebt. Sie macht sich – entgegen aller Warnungen – auf die Suche nach ihm und ihrer Mutter. In Gesprächen mit Shenaz Saeed stellt sich heraus, dass sie und Aasmaanies Mutter beste Freundinnen gewesen sind, Shenaz Samina sogar geliebt hat und nach deren Verschwinden entsprechend gelitten hat. Am Ende wird klar, dass Ed der Verfasser der Botschaften ist, der seine Mutter trösten wollte, schließlich aber bemerken musste, dass sich die Sache verselbständigt hat. Durch die Gespräche Aasmaanis mit Shenaz Saeed und Ed wird ihr klar, was sie jahrelang verdrängt hat: Der Dichter wurde im Gefängnis brutal ermordet und als Folge davon hat sich ihre Mutter ertränkt. Thematisiert wird in diesem Roman die Fragilität von Identität im Verhältnis zu Erinnerung und Verlusten. Die gesellschaftlichen Verhältnisse in Pakistan während der Zeit, in der sich die Ereignisse abspielen, beeinflussen die Biographien der Protagonisten nachdrücklich und zerreiben sie im Konflikt zwischen einer radikalen Islaminterpretation, die zunehmend an Stärke gewinnt, gegenüber einer eher freisinnigen Lebensweise, der sich Aasmaanie und ihr Umfeld zugehörig fühlen. Das sind teilweise sehr reflektierte Passagen, nicht selten grenzt der Text aber auch ans Kitschige, wie es sich ja auch – meiner Meinung nach – schon in der Gestaltung des Schutzumschlags andeutet. Kamila Shamsie wurde in Pakistan geboren, lebt aber seit 2007 in England. 2019 sollte sie den Nelly-Sachs-Preis verliehen bekommen, nach Protesten wegen ihrer Unterstützung der BDS-Kampagne (Boycott, Divestment and Sanctions) revidierte die Jury ihre Entscheidung, was wiederum zu Protesten von Künstlern und Intellektuellen führte. ---------------------------- 10. April 2021 |
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