Kassiber leer
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Hansjörg Betschart Unruh Hansjörg Betschart:
Unruh. Roman.
Nagel & Kimche Verlag 2002, 352 Sei­ten, ISBN 3312003032

Am 14. Juli 1786 wird Lau­rent, ein rät­sel­haf­tes Fin­del­kind, des­sen Herz in der Takt­fre­quenz ei­nes Pul­sars schlägt, aus den Flu­ten der Saa­ne ge­ret­tet. Schon als Baby mur­melt er Prim­zah­len, al­tert schnell und ent­puppt sich als ma­the­ma­ti­sches und me­cha­ni­sches Wun­der­kind. Doch sein Ta­lent weckt Miss­trau­en: Im Klos­ter wird es als Teu­fels­werk ver­sto­ßen, auf ei­nem Bau­ern­hof bringt es Un­glück. Er meis­tert die Uhr­ma­cher­kunst im Hand­um­dre­hen, über­trifft bald sei­nen Leh­rer Jacquet-Droz, der mit den von Lau­rent er­dach­ten und ge­bau­ten me­cha­ni­schen Au­to­ma­ten in Men­schen- und Tier­ge­stalt Re­nom­mee und Ver­mö­gen meh­ren möch­te. Doch auch hier kommt es zur Ka­tas­tro­phe. Bei den Mé­ge­vands schließ­lich stürzt sich Lau­rent in den Wett­kampf um die ers­te De­zi­mal­uhr, die – im Zei­chen der Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­tion – eine neue Zeit­rech­nung ein­lei­ten soll.

Immer wieder kreuzt Lau­rent den Weg von Ma­rie, die nach ei­nem wech­sel­vol­len Le­ben – um es ge­lin­de aus­zu­drü­cken – als Ma­dame Tus­saud die Wachs­fi­gu­ren ih­res Va­ters be­rühmt macht.

Die Vielzahl der Epi­so­den und Pro­ta­go­nis­ten raubt ei­nem ge­le­gent­lich den Atem, und ein­zel­ne Hand­lungs­strän­ge wir­ken et­was ver­lo­ren im Ge­samt­text. Bet­schart, des­sen Fa­bu­lier­kunst auf sei­ne Her­kunft als Kin­der- und Ju­gend­buch­au­tor ver­weist, webt kein klas­si­sches, li­ne­a­res Er­zähl­ge­flecht, son­dern ver­schränkt Mär­chen, his­to­ri­sche Pa­no­ra­men, Anek­do­ten und Hu­mo­res­ken zu ei­nem opu­len­ten, wild wu­chern­den und über­wäl­ti­gen­den Er­zähl­kos­mos.


6. Oktober 2025

Ernst Jünger: Das Sand­uhr­buch

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