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Regula Bochsler: Ich folgte meinem Stern Regula Bochsler
Ich folgte meinem Stern.
Das kämpferische Leben der Mar­ga­rethe Hardegger.
Pendo Verlag 2004, 456 Seiten
ISBN 3-85842-573-7

Margarethe Har­deg­ger (1882 – 1963) grün­de­te 1909 den Ber­ner Tex­til­ar­bei­ter­ver­ein und wur­de die ers­te Prä­si­den­tin ei­ner ge­werk­schaft­li­chen Or­ga­ni­sa­tion in der Schweiz. Sie war jah­re­lang Se­kre­tä­rin des Schwei­ze­ri­schen Ge­werk­schafts­bun­des und en­ga­gier­te sich für das Frau­en­wahl­recht (das erst 1971 in der Schweiz ein­ge­führt wur­de), prak­ti­zierte Freie Lie­be und trat als Pro­pa­gan­dis­tin nicht nur in der Schweiz auf. Da ihr die Ge­werk­schafts­funk­tio­nä­re zu kom­pro­miss­be­reit und zu wenig kämp­fe­risch er­schie­nen, geriet sie immer häufiger in Konflikt mit ihnen. Sie vertrat die Ideen des Syn­di­ka­lis­mus und hatte Kontakt zu Anarchisten inner­halb und außerhalb der Schweiz. Mehr­fach be­kam sie Är­ger mit der Jus­tiz und lan­de­te im Ge­fäng­nis. Mit Gustav Landauer (der 1919 in Mün­chen er­mor­det wur­de) grün­de­te sie den "Sozialis­tischen Bund" und schrieb Artikel für meh­re­re ge­werk­schaft­li­che und anar­chis­tische Zeit­schrif­ten.

Als Antimilitaristin bot sie wäh­rend des Ersten Welt­kriegs Fah­nen­flüch­ti­gen Schutz und Un­ter­kunft. Nach dem Krieg leb­te sie in meh­re­ren Land­kom­mu­nen, be­tä­tig­te sich an­ti­mi­li­ta­ris­tisch und un­ter­stütz­te ver­folg­te Genossen, was sich nach der Macht­er­grei­fung der Nazis in Deutsch­land noch inten­si­vier­te. Im Laufe der 30er Jahre wur­de sie Mitglied im Ordo Templi Orien­tis (OTO), der wegen der dort praktizierten Se­xu­al­ma­gie be­rüch­tigt ist. Nach dem Zweiten Welt­krieg engagierte sie sich in der in­ter­na­tio­na­len Frie­dens­be­we­gung und verstärkte ihr En­ga­ge­ment für das Frauen­wahl­recht. Trotz­dem sie an den Folgen zweier Schlaganfälle schwer zu lei­den hatte, nahm sie 1963 noch an einem Oster­marsch teil. Im Sep­tem­ber des Jahres verstarb sie.

Regula Bochsler hat eine akri­bisch recher­chierte Bio­gra­fie ge­schrie­ben, die nicht nur das Leben der Mar­ga­re­the Har­deg­ger zum The­ma hat, son­dern darüber hinaus auch die so­zia­len Be­we­gun­gen und Kämpfe der Zeit beschreibt und Hin­ter­grün­de zu den daran be­tei­lig­ten Personen liefert. Ihr stan­den um­fang­rei­che Kor­res­pon­den­zen zur Ver­fü­gung sowie die Reste des Nachlasses von Mar­ga­re­the Hardegger. Eine un­ge­mein in­te­res­san­te Lek­tü­re, die sprach­lich manch­mal etwas un­be­hol­fen wirkt.

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29. Januar 2021

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