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Grégoire erhält einen Anruf von einer Exfreundin, die sich vor Jahren abrupt und ohne jede Begründung von ihm getrennt hatte. Sie haben seither nicht mehr miteinander gesprochen. Sie lädt ihn als "Überraschungsgast" auf eine Geburtstagsparty für Sophie Calle, die berühmte Künstlerin, ein. Für ihn steckt dieses Gespräch voller Anspielungen und versteckter Signale, die er zu interpretieren sucht. Als Geschenk wählt er den teuersten Wein, den der Weinladen anzubieten hat, er möchte beeindrucken. Auf der Party mit vielen illustren Gästen, die er alle nicht kennt, erfährt er, dass die Künstlerin grundsätzlich keine Geschenke auspackt, sondern sie nur fotografiert und archiviert. Er ist enttäuscht und außer ein paar kurzen Gesprächen mit anderen Gästen langweilt er sich sehr. Es ergibt sich ein Gespräch mit seiner Ex, die ihm verklausulierte Botschaften zu schicken scheint, die ihn nachdenklich stimmen in der Ahnung, dass sie auf diese Weise ihr Schweigen in den vergangenen Jahren erklären will. Auf dem Heimweg wird ihm klar: Das Drehbuch für das gerade Erlebte ist Virginia Woolfs "Mrs. Dalloway", jetzt ergibt alles einen Sinn, das Puzzle ist komplett. Zehn Jahre später begegnet Grégoire der Künstlerin Sophie Calle erneut (wieder auf einer Party) und erzählt ihr von ihrer damaligen Geburtstagsparty und warum er zum "Überraschungsgast" geworden war. Drei Tage später ruft sie ihn an, sie hat im Keller tatsächlich die teure Flasche Wein entdeckt, von der sie nicht wusste, wer sie ihr geschenkt hatte. Man kommt sich näher. Die Erzählweise ist die eines Manikers, der in allem Bezüge sieht zwischen äußeren Ereignissen und seinem eigenen Leben. Atemlos und in sich überstürzenden Sätzen schreibt er sich in eine Welt, die ihm verschlüsselt die Zusammenhänge und Bedeutungen erklärt. Sophie Calle (*1953) ist eine französische Konzeptkünstlerin, die die Trennungsnachricht, die ihr Grégoire Bouillier per Email hatte zukommen lassen, als Fundament für ihren Beitrag auf der Biennale di Venezia nutzte. Bouillier (*1960) verfährt ähnlich bei seinen literarischen Arbeiten. ---------------------------- 4. Oktober 2023 |
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