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Gisela Graichen Alexander Hesse Geheimbünde Gisela Graichen / Alexander Hesse:
Geheimbünde. Frei­mau­rer und Illu­mi­na­ten, Opus Dei und Schwar­ze Hand.
Rowohlt Verlag 2014, 381 Sei­ten, ISBN 978 3 498 02526 7

Ein Buch über Ge­heim­bün­de zu schrei­ben, ist ein heik­les Un­ter­fan­gen. Wo­her be­zieht man die In­for­ma­tio­nen, die ja in der Re­gel eben nicht so leicht zu­gäng­lich sind wie man­ches an­de­re? Un­der­co­ver-Re­cher­chen und Aus­stei­ger lie­fern Ein­sich­ten in ge­hei­me Struk­tu­ren, die nicht im­mer ver­läss­lich und nur sel­ten über­prüf­bar sind. Für die Le­se­r*in­nen schon gar nicht. Es ist also an­ge­ra­ten, eine ge­wis­se Skep­sis bei der Lek­tü­re wal­ten zu las­sen.

Das hier be­spro­che­ne Buch bie­tet ei­nen po­pu­lär­wis­sen­schaft­li­chen Über­blick über ge­hei­me Ge­sell­schaf­ten, die seit Jahr­hun­der­ten An­lass zu Spe­ku­la­tio­nen, My­then und Ver­schwö­rungs­theo­rien bie­ten. Be­leuch­tet wer­den be­kann­te Or­ga­ni­sa­tio­nen wie die Frei­mau­rer und Il­lu­mi­na­ten eben­so wie we­ni­ger be­kann­te Grup­pen, etwa die Schwar­ze Hand oder der Mi­thras-Kult.

In insgesamt zehn Ka­pi­teln wid­men sich Grai­chen und Hes­se je­weils ei­ner ge­hei­men Grup­pie­rung und ana­ly­sie­ren de­ren Ur­sprün­ge, Ri­tua­le, Struk­tu­ren so­wie ihre tat­säch­li­che (?) Be­deu­tung im his­to­ri­schen und ge­sell­schaft­li­chen Kon­text. Das letz­te Ka­pi­tel un­ter­sucht ver­schie­de­ne mo­der­ne Ver­schwö­rungs­theo­rien – etwa zu den An­schlä­gen vom 11. Sep­tem­ber, der Mond­lan­dung oder Area 51 – und prüft die­se auf ih­ren Wahr­heits­ge­halt bzw. auf ihre Wahr­schein­lich­keit.

Ein zentrales An­lie­gen des Bu­ches ist die Tren­nung von My­thos und Rea­li­tät. Die Au­to­ren ge­hen gän­gi­gen Kli­schees auf den Grund und zei­gen, wie stark sich öf­fent­li­che Wahr­neh­mung und his­to­ri­sche Wirk­lich­keit oft un­ter­schei­den.

Wie schon in den ein­lei­ten­den Sät­zen be­merkt, soll­te die Lek­tü­re eine kri­ti­sche sein. So sind zum Bei­spiel im Ka­pi­tel über die ita­lie­ni­sche Loge Pro­pa­gan­da Due (P2) Pub­li­ka­tio­nen Da­nie­le Gan­sers und Re­gi­ne Igels als Quel­len ge­nannt, ohne al­ler­dings zu er­wäh­nen, dass bei­de ih­rer ei­ge­nen Ver­schwö­rungs­theo­rien we­gen durch­aus um­strit­ten sind.

Anhand der Bücher von Dan Brown, Hen­ry Lin­coln, Michael Bai­gent und Richard Leigh ent­schlüs­seln die Au­to­ren exem­pla­risch die Ent­ste­hung des My­thos, der sich um die Prieu­ré de Sion und eine ver­meint­li­che Blut­li­nie rankt, die von Je­sus Chris­tus bis in die Ge­gen­wart rei­chen soll.

Positiv her­vor­zu­he­ben ist die Ge­schich­te des Ur­sprungs der „Pro­to­kol­le der Wei­sen von Zion“, die bis zum za­ris­ti­schen Ge­heim­dienst „Och­ra­na“ zu­rück ver­folgt wird und schließ­lich auch Quel­len be­nennt, aus de­nen die „Och­ra­na“ schöpf­te, um die­se Fäl­schung zu kon­stru­ie­ren. Er­schre­ckend und ei­gent­lich un­fass­bar ist, dass die „Pro­to­kol­le“ noch im­mer in ei­ni­gen Tei­len der Welt als glaub­haft an­ge­se­hen wer­den, man­cher­orts so­gar im Schul­un­ter­richt ge­lehrt wer­den.

Das Buch er­schien pa­ral­lel zur gleich­na­mi­gen ZDF-Do­ku­men­ta­tion.


12. Mai 2025

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