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Arno Lustiger : Schalom Libertad Arno Lustiger
Schalom Libertad!
Juden im spanischen Bür­ger­krieg.
Kiepenheuer & Witsch 1991, 410 Seiten
ISBN 3 462 02105 2

Es gibt zahllose Ver­öf­fent­li­chun­gen zum spa­ni­schen Bür­ger­krieg (1936-1939), der durch­aus als Pro­log zum Zwei­ten Welt­krieg ver­stan­den wer­den kann. Arno Lus­ti­ger hat es sich zur Auf­gabe ge­macht, den An­teil jü­di­scher Be­tei­lig­ter auf der re­publi­ka­ni­schen Sei­te zu do­ku­men­tie­ren, der über­pro­por­tio­nal hoch ge­we­sen ist, von der For­schung aber weit­ge­hend ig­no­riert wur­de.

Er be­schreibt die Vor­ge­schich­te und den Be­ginn des Bür­ger­kriegs eben­so wie den Ver­lauf und das dra­ma­ti­sche En­de mit dem Sieg der Trup­pen des Ge­ne­ral Fran­co und der Nie­der­la­ge der Re­pu­blik. Sein Schwer­punkt liegt dabei auf den In­ter­na­tio­na­len Bri­ga­den, deren Mit­glie­der sich aus al­len Kon­ti­nen­ten rekrutierten, un­ter ih­nen zahl­rei­che Ju­den, die nach der Macht­er­grei­fung der Na­zis und der Diktatur Mus­so­li­nis ei­ne wei­te­re Aus­brei­tung des Fa­schis­mus ver­hindern woll­ten.

Problematisiert wird die Zu­rück­hal­tung der de­mo­kra­ti­schen Re­gie­run­gen Eu­ro­pas bei der Un­ter­stüt­zung der spa­ni­schen Re­pu­blik und die mas­si­ve militärische und lo­gis­ti­sche Hilfe der Trup­pen Fran­cos durch Hitler und Mus­solini. Ein­zig die Sow­jet­uni­on war nach an­fäng­li­chem Zö­gern be­reit, die re­pu­bli­ka­ni­schen Trup­pen mit Ma­te­rial und Men­schen zu un­ter­stüt­zen. Bald do­mi­nier­ten sow­je­tische Kom­mis­sare den Kampf ge­gen den fran­quis­tischen Auf­stand und be­nutz­ten ih­ren Ein­fluss, um mit zum Teil massiven Mit­teln ge­gen "trotz­kis­ti­sche" und anar­chis­ti­sche Kräf­te in den Rei­hen der Inter­na­tio­na­len Bri­ga­den vor­zu­ge­hen.

Lustiger beschreibt die Struk­tur der In­ter­na­tio­na­len Bri­ga­den und den An­teil jü­di­scher Kämp­fer und Kämpferinnen, schil­dert ei­ni­ge ent­schei­den­de Kampf­ein­sätze und lässt über­le­ben­de Teil­neh­mer zu Wort kom­men. Kurz­bio­gra­phien sind nach den Her­kunfts­län­dern grup­piert, ei­ni­ge Schick­sa­le wer­den aus­führ­li­cher be­han­delt, z.B. das des Ar­tur London, das den Re­gis­seur Costa-Gav­ras zu seinem Film "Ich ge­ste­he" inspi­riert hat.

Nach der Auflösung der In­ter­na­tio­na­len Bri­ga­den und der Nie­der­la­ge der Republik flo­hen Hun­dert­tau­sen­de und er­leb­ten kurz darauf den Be­ginn des Zwei­ten Welt­kriegs, in dem nicht we­ni­ge von ih­nen um­ka­men. Andere, Kom­mu­nis­ten und So­zia­lis­ten vor allem, wur­den zu Opfern des sta­li­nis­ti­schen Ter­rors oder des fana­ti­schen McCar­thy­ismus in den USA. Nicht ver­schwie­gen wer­den jü­di­sche Täter in den Rei­hen der sow­je­ti­schen Kom­mis­sa­re, die sich an der Be­kämp­fung "anti­sow­je­ti­scher" Kräfte be­tei­ligt haben.

Eine Bibliographie und ein um­fang­rei­ches Na­mens­re­gis­ter be­schlie­ßen den Band.

Eine erschütternde Lek­tü­re, die aber nicht ohne Re­dun­dan­zen ist, indem sich man­che Be­schrei­bun­gen – be­son­ders bio­gra­phi­scher Art – zwangs­läu­fig über­schnei­den. Arno Lus­ti­ger setzt mit die­sem Buch ein Denk­mal für Men­schen, von de­nen vie­le Ju­den waren, die sich dem Ter­ror des Fa­schis­mus mit der Waffe in der Hand wider­setzt haben. Erfolglos. Um so wich­ti­ger, dass Ih­rer ge­dacht wer­den kann.

22. Juli 2022

Geschichte

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