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Javier Marias: Die sterblich Verliebten Javier Marias
Die sterblich Ver­lieb­ten.
Aus dem Spanischen von Susanne Lange.
S. Fischer Verlag 2012, 430 Seiten
ISBN 978-3-10-047831-3

Maria arbeitet in ei­nem Ma­dri­der Ver­lag. Je­den Morgen früh­stückt sie in ei­nem Ca­fe be­vor sie zur Ar­beit geht. Ihr fällt ein Paar auf, das eben­falls täg­lich dort an­zu­tref­fen ist. Sie be­ob­ach­tet beide, fin­det sie sym­pa­thisch. Eines Tages taucht das Paar nicht auf und bleibt auch in nächster Zeit ver­schwun­den. Maria erfährt schließlich, dass der Mann (Miguel) erstochen worden ist. Als ei­nes Tages die Frau (Luisa) in Begleitung anderer wie­der das Cafe betritt, nähert sich Maria ihr, um zu kondolieren. Luisa lädt dar­auf­hin Maria spon­tan zu sich nach Hause ein, wo sie auf Diaz-Varela, einen Freund der Fa­mi­lie, trifft. Luisa er­zählt von ihrem Leid und dem Ver­lust ihres Man­nes, den sie nicht ver­schmer­zen kann.

Nach einem Zeitsprung er­fah­ren die Leser, dass sich Maria und Diaz-Varela näher ge­kom­men sind und eine haupt­säch­lich sexuelle Be­zie­hung zu­ei­nan­der auf­ge­nom­men haben. Klar ist dabei aber von vorne herein, dass Maria sehr viel mehr Ge­füh­le zu Diaz-Varela hat als um­ge­kehrt. Der liebt nämlich Luisa und hofft darauf, dass diese über den Tod ihres Mannes hinweg kommt, um dann seine Liebe zu erwidern. Maria fügt sich in die­se Kon­stellation, sie wartet auf seine Anrufe, gibt sich ihm hin, wann immer er das möchte, er­greift nie selbst die In­itia­ti­ve.

Eines Tages, sie liegt noch im Bett bei Diaz-Varela, emp­fängt der un­er­war­teten Be­such, und sie belauscht un­frei­wil­lig Teile des Ge­sprächs, aus dem her­vor­zu­ge­hen scheint, dass Diaz-Va­re­la den Mord an Miguel in Auftrag ge­ge­ben hat. Sie gibt vor nichts gehört zu haben.

Nachdem sie einige Zeit nichts von Diaz-Varela ge­hört hat, ruft er sie an und bittet drin­gend um ein Gespräch. Er be­stä­tigt ihre schlimmsten Be­fürch­tun­gen, gibt aber an, nur ei­ner Bitte Miguels ge­folgt zu sein, der unheilbar krank gewesen sei und einen qualvollen Tod ver­meiden wollte. Maria glaubt ihm nicht, zweifelt an ihm und selbst an der eigenen bis­he­ri­gen Interpretation. Je­den­falls wird ihr klar, dass die Be­zie­hung ein En­de fin­den muss.

Zwei Jahre später isst Maria mit Autoren und Ver­lags­mit­ar­bei­tern in einem Restaurant, als sie ein paar Tische weiter Luisa und Diaz-Varela sit­zen sieht. Sie sind sich offenbar sehr zugetan, Diaz-Varela hat erkennbar sein Ziel erreicht. Maria empfindet Eifersucht und Ärger, ihr wird be­wusst, dass sie mit ihrem Wissen über den Tod Miguels das Glück der beiden mit wenigen Sät­zen zer­stö­ren könn­te. Sie begibt sich auch zu dem Tisch der beiden, wird aber durch die freu­di­ge Offenheit Luisas über­rascht und ver­zich­tet da­rauf, ihr Vor­ha­ben aus­zu­füh­ren.

Der Roman trägt über weite Tei­le Züge eines Kam­mer­spiels und hätte im Um­fang einer No­vel­le sicher mei­ne Be­geis­te­rung gefunden. Auf 430 Sei­ten hingegen entstehen Längen, die in dem im­mer wieder an Ge­schwätzigkeit grenzenden Stil begründet lie­gen. Schade.


10. Juni 2020

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