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Colum McCann Gesang der Kojoten Colum McCann
Gesang der Kojoten.
Deutsch von Matthias Müller.
Rowohlt Verlag 1996, 265 Sei­ten
ISBN 3 498 04380 3

Conor kehrt nach einer fünf­jäh­ri­gen Suche nach seiner Mut­ter zu­rück in das ver­wahr­los­te Haus sei­nes Vaters, der seine Ta­ge an­gelnd verbringt, um einen gro­ßen Lachs zu erlegen, den er in dem mit Abfällen einer nahen Fleisch­fa­brik ver­schmutz­ten Fluss ge­se­hen ha­ben will. Juanita, die Mut­ter, hat­te die Familie eines Tages ohne Vor­an­kün­di­gung ver­las­sen.

Conor rekonstruiert das Leben der Eltern, die sich – nachdem der Vater von Irland nach Amerika ausgewandert war – in Me­xi­ko kennen gelernt und geheiratet hatten. Michael, der Va­ter, war glücklos und un­zu­frie­den mit den Arbeiten, die er an­ge­nom­men hatte, sein Ziel war es, mit eigenen Fo­to­gra­fien ei­ne An­stel­lung bei einer Zei­tung zu finden und sie ver­öf­fent­licht zu se­hen. Neben Sze­nen aus dem Alltag der Men­schen war der Kör­per sei­ner jungen Frau ein be­vor­zug­tes Mo­tiv, das Äs­the­tik mit Erotik verbinden sollte.

Conor lernt auf seiner Suche Cici kennen, mit denen die El­tern eine Zeit lang in den USA zu­sam­men gelebt haben. Sie wohn­te auf einem Turm in­mit­ten eines riesigen Waldes, eine Art Waldwächterin, die vor aus­bre­chen­den Feuern warnen soll­te. Juanitas ver­mut­lich glück­lichste Zeit. Doch Michael ent­schei­det, dass die Familie zurück nach Irland gehen soll, er ver­spricht sich dort be­ruf­li­chen Erfolg. In Mayo lebt die Fa­mi­lie in einem alten Haus, Michael baut sich eine Hütte, in der er sei­ne fotografischen Ar­bei­ten verrichten kann. Eines Ta­ges kur­sie­ren in dem Ort ero­ti­sche Fotos Juanitas, sie ist ver­är­gert. Kurz danach brennt die Hütte bis auf die Grund­mau­ern nie­der. Später verlässt Juanita die Familie und ver­schwin­det.

Ausgehend von den sieben Ta­gen, die Conor bei seinem Va­ter verbringt, führen drei Strän­ge in die Vergangenheit: Er­in­ne­run­gen in die eigene Kind­heit und die Be­schrei­bung sei­ner Su­che nach der Mut­ter mit In­for­ma­tio­nen von Per­so­nen, die sie kannten. Und schließ­lich füllt ein auk­to­ria­ler Er­zäh­ler ge­wis­se Lü­cken in der Ge­schich­te der El­tern.

Es handelt sich um Colum Mc­Canns (geb. 1965 in Dub­lin) Erst­lings­werk [1], ge­lobt wird vor allem die Bild­haf­tig­keit sei­ner Sprache. Und ge­nau die fand ich übertrieben, es muss nicht für alles ein Bild vor­ge­ge­ben werden, auf­merk­sa­me Le­ser­*in­nen pro­du­zie­ren die ganz von selbst. Ein zweiter Punkt hat mich ir­ri­tiert, dass nämlich alle be­schrie­be­nen Per­so­nen – mit Ausnahme von Conor selbst – als aus­ge­spro­che­ne Ex­zen­tri­ker dargestellt werden. Mög­li­cher­wei­se soll das Co­nor als einen Menschen mit aus­u­fern­der Fantasie cha­rak­te­ri­sie­ren, er selbst beschreibt sich als "Voyeur", als "Span­ner": "Ich kann nichts für die­ses Rück­wärts­wan­dern. Es ist mein per­sön­li­cher Fluch." S. 182

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1. Veröffentlicht 1995

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28. Juli 2023

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