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Uwe Neumahr Die exzentrische Lebensgeschichte des Künstlers und Verbrechers Benvenuto Cellini Uwe Neumahr
Die exzentrische Le­bens­ge­schich­te des Künst­lers und Ver­bre­chers Benvenuto Cel­li­ni.
wbg Edition 2021, 319 Sei­ten

Neumahr legt hier die ers­te deutsch­spra­chi­ge Bio­gra­fie Ben­ve­nu­to Cel­li­nis vor, des­sen au­to­bio­gra­fi­sche Auf­zeich­nun­gen von Goe­the über­setzt, be­ar­bei­tet und kom­men­tiert im Jahr 1803 er­schie­nen sind. Im Grun­de ist Neu­mahrs Biografie ein um­fang­rei­cher kri­ti­scher Kom­men­tar zu Cel­li­nis Au­to­bio­gra­fie, an­ge­rei­chert mit his­to­ri­schen und kul­tu­rel­len Hin­ter­grün­den und Bezügen.

Benvenuto Cellini (1500 – 1571) war ein ita­lie­ni­scher Gold­schmied, Bild­hau­er, Me­dail­leur, Schrift­stel­ler, Mu­si­ker, Sol­dat, Münz­meis­ter, Teil­ha­ber ei­nes Wett­bü­ros, päpst­li­cher Stab­trä­ger, Dichter und Fes­tungs­in­ge­ni­eur der Re­nais­sance. Neu­mahr be­schreibt ihn als kar­rie­re­be­wusst, ziel­stre­big, aber auch als streit­süch­tig und un­an­ge­passt. Zwei Mor­de und ein Tot­schlag sind nach­ge­wie­sen [1], er saß mehr­mals im Ge­fäng­nis – immer wie­der we­gen Ge­walt­tä­tig­kei­ten, aber auch wegen Unzucht (mit Min­der­jäh­ri­gen und Ho­mo­se­xua­li­tät) –, ein­mal wur­de er zum To­de ver­ur­teilt [2].

Cellinis Vater, der selbst Mu­si­ker war, hatte für sei­nen Sohn ei­ne Kar­rie­re als Bläser vor­ge­se­hen, zeit­wei­se spielte er in ver­schie­de­nen Or­ches­tern als "piffero", doch er er­zwang ei­ne Aus­bil­dung zum Gold­schmied. Durchaus er­folg­reich in die­sem Be­ruf, seine Auf­trag­ge­ber und Förderer wur­den im­mer pro­mi­nen­ter, wur­den ihm bald Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten nach­ge­sagt, die zu ei­ner In­haf­tie­rung in der En­gels­burg in Rom führ­ten. Dort be­gann er sich li­te­ra­risch zu be­tä­ti­gen. Nach seiner Ent­las­sung reis­te er nach Frank­reich an den Hof Franz I., wo er mit bild­hau­e­ri­schen Ar­bei­ten Furore mach­te. Auch hier kam es, wie überall, zu Strei­tig­kei­ten, die ihn zur Rück­kehr nach Flo­renz, sei­ner Ge­burts­stadt, ver­an­lass­ten. Vo­rü­ber­ge­hend ge­hör­te er dem geist­li­chen Stand an, hei­ra­te­te sei­ne Haus­häl­te­rin, mit der er meh­re­re Kinder zeugte, und ver­such­te – mit wech­seln­dem Er­folg – ein fi­nan­ziel­les Aus­kom­men zu fin­den. 1571 ver­starb er an ei­ner Brust­fell­ent­zün­dung.

Zu Cellinis be­kann­tes­ten Wer­ken gehören die "Sa­lie­ra", ein Ge­fäß für Salz und Pfeffer aus Gold, Eben­holz und El­fen­bein, das als eines der Meis­ter­wer­ke der Re­nais­sance gilt, und die Sta­tue "Per­seo", die den my­thi­schen Hel­den Per­seus mit dem ab­ge­schla­ge­nen Haupt der Me­du­sa zeigt [3].

Uwe Neumahr (*1972) ist Ro­ma­nist und Ger­ma­nist, er pro­mo­vier­te über die italienische Re­nais­sance und war Mit­ar­bei­ter an der For­schungs­stel­le zur spa­ni­schen Re­nais­sance der Uni­ver­si­tät Kiel. Ei­ne um­fang­rei­che Li­te­ra­tur­lis­te so­wie ein Per­so­nen­re­gis­ter be­schlie­ßen den Band.

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1. Einer angemessenen Be­stra­fung entging er durch das Ein­grei­fen mäch­ti­ger Per­sön­lich­kei­ten, unter anderen Papst Paul III.

2. "Seinen Charakter kenn­zeich­ne­ten Nar­ziss­mus, eine kaum vor­han­de­ne Frustrationstoleranz, Maß­lo­sig­keit in künst­le­ri­schem Ehr­geiz und Stolz so­wie Rach­sucht bis zur völ­li­gen Er­nied­ri­gung oder gar Vernichtung des Geg­ners. [...] Dazu gesellen sich wei­te­re Cha­rak­ter­schwä­chen wie Jäh­zorn, Neid auf Kollegen, über­stei­ger­tes Ehr­ge­fühl, man­geln­de Em­pa­thie und hoch­fah­ren­des, cho­le­ri­sches Ver­hal­ten." S. 53

3. Eine Bronzeplastik, de­ren Haupt­fi­gur in einem Stück ge­gos­sen wur­de.

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9. Oktober 2023

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