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Boris Pahor Nekropolis Boris Pahor
Nekropolis.
Aus dem Slo­we­ni­schen von Mi­rel­la Ur­dih-Mer­kù.
Berlin Verlag 2001, 279 Sei­ten, ISBN 3-8270-0408-X

Boris Pahor wurde 1913 im da­mals noch ös­ter­rei­chi­schen Triest in eine slo­we­ni­sche Fa­mi­lie ge­bo­ren. Nach dem Ende des Ers­ten Welt­kriegs, Triest wur­de 1919 Ita­lien zu­ge­spro­chen, er­leb­te er wie ita­lie­ni­sche Fa­schis­ten slo­we­ni­sche Bü­cher ver­brann­ten, die Spra­che ver­bo­ten und Orts- so­wie Per­so­nen­na­men än­der­ten – all dies mit dem Ziel, die slo­we­ni­sche Iden­ti­tät aus­zu­lö­schen. Im Zwei­ten Welt­krieg leis­te­te er sei­nen Kriegs­dienst in Li­by­en, ge­riet in Ge­fan­gen­schaft und kehr­te nach sei­ner Ent­las­sung nach Triest zu­rück. Noch be­vor er sich dort ak­tiv dem Wider­stand ge­gen die deut­sche Wehr­macht an­schlie­ßen konn­te, wur­de er 1944 auf­grund ei­ner De­nun­zia­tion ver­haf­tet. Die fol­gen­den fünf­zehn Mo­na­te ver­brach­te er in ver­schie­de­nen Kon­zen­tra­tions­la­gern: Da­chau, Natz­wei­ler, Dora-Mit­tel­bau, Har­zun­gen und Ber­gen-Bel­sen.

Pahors Sprach­kennt­nis­se er­mög­lich­ten es ihm, zeit­wei­se als Dol­met­scher und Hel­fer des La­ger­arz­tes, der selbst ein Ge­fan­ge­ner war, zu fun­gie­ren. Die­se pri­vi­le­gier­te Stel­lung ver­schaff­te ihm ei­nen um­fas­sen­de­ren Über­blick über das Ge­sche­hen in den La­gern.

In den frühen 1960er Jah­ren be­such­te Pa­hor die Ge­denk­stät­ten der La­ger, in de­nen er in­haf­tiert ge­we­sen war, und schil­dert sei­ne Ein­drü­cke in „Ne­kro­po­lis”, wie er, ein „Tou­rist” un­ter mehr oder we­ni­ger be­ein­druck­ten Rei­se­grup­pen, in eine Art Zwi­schen­welt ge­riet, in der sich Ver­gan­gen­heit und Ge­gen­wart über­la­ger­ten und in­ei­nan­der­grif­fen. „Ne­kro­po­lis”, erst­mals 1967 ver­öf­fent­licht, chan­giert zwi­schen kon­kre­ten Schil­de­run­gen des La­ger­all­tags und Re­fle­xio­nen über die Schwie­rig­keit, das Er­leb­te nach­träg­lich vor­stell­bar und dar­stell­bar zu ma­chen. Teils dis­tan­ziert, teils lei­den­schaft­lich und em­pa­thisch und im­mer wie­der sehr dras­tisch be­schreibt er die Ver­hält­nis­se in den La­gern und das Leid der Men­schen. „Das Ver­re­cken lag in der Luft. Man konn­te es at­men.” (S. 194)

Es sind Er­fah­run­gen der Ex­ter­ri­to­ria­li­tät, der Nicht­zu­ge­hö­rig­keit zur Welt, wie sie auch von Jean Amé­ry im­mer wie­der the­ma­ti­siert wor­den sind.

Pahor widmete Ne­kro­po­lis den „Ma­nen” de­rer, die nicht zu­rück­ge­kehrt sind.

Boris Pahors (1913–2022) schrift­stel­le­ri­sche Schwer­punk­te gal­ten der slo­we­ni­schen Spra­che und Kul­tur so­wie den prä­gen­den Er­fah­run­gen mit dem ita­lie­ni­schen Fa­schis­mus und den Jah­ren, die er in deut­schen Kon­zen­tra­tions­la­gern ver­brach­te.


Biographisches

Geschichte

26. März 2025

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