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Grete Wehmeyer thematisiert in Anlehnung an Willem Retze Talsmas Publikation „Wiedergeburt der Klassiker. Band 1: Anleitung zur Entmechanisierung der Musik“ die Problematik der Tempi, mit denen klassische Werke seit der Zeit Beethovens aufgeführt werden. In mehreren Schritten unternimmt sie den Versuch, die historische Aufführungspraxis zu rekonstruieren – also jene Tempi und Interpretationsweisen, die von den Komponisten selbst praktiziert oder intendiert wurden. Ausgehend von einer kurzen Darstellung der historischen Methoden zur Bestimmung des musikalischen Tempos – etwa durch den Einsatz von Pendeln – bis hin zur Einführung von Metronomzahlen in Partituren, beschreibt Wehmeyer die Bemühungen, den Interpreten präzise Angaben zur Tempoauffassung der Komponisten an die Hand zu geben. Zentrale These Wehmeyers ist, dass sich die Aufführungspraxis seit Beethoven erheblich beschleunigt habe – teils auf das Doppelte des ursprünglich intendierten Tempos. Gründe hierfür sieht sie unter anderem in einer allgemeinen Beschleunigung des Lebens, einer falschen Interpretation der vom Komponisten angegebenen Metronomzahlen sowie im Aufkommen des Virtuosentums im 19. Jahrhundert. Eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Aufführungspraxis könne, so Wehmeyer, zu einem tieferen Verständnis der Werke führen. Die Thesen von Wehmeyer und Talsma sind in der Fachwelt umstritten, haben jedoch wichtige Impulse für die Diskussion über historische Aufführungspraxis geliefert. Das Buch enthält zahlreiche Abbildungen, grafische Darstellungen und Notenbeispiele, die Wehmeyers Argumentation unterstützen. Grete Wehmeyer (1924–2011) war Pianistin und Musikwissenschaftlerin. Neben ihrer Forschung zur Entschleunigung der Musik ist sie vor allem durch ihre Arbeiten zu Leben und Werk Erik Saties bekannt geworden. → Musik 3. Juni 2025 |
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