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Elsemarie Maletzke Eine Liebe in Florenz Elsemarie Maletzke
Eine Liebe in Florenz.
Elizabeth Barrett und Robert Brow­ning.
Insel Verlag 2011, 195 Sei­ten
ISBN 978-3-458-35360-7

Elizabeth Barrett wurde 1806 als ers­tes von elf Kin­dern ge­bo­ren. Der Wohl­stand der Fa­mi­lie grün­de­te sich auf Skla­ven­han­del und die Er­trä­ge aus einer riesigen Zucker­rohr­plan­ta­ge auf Ja­mai­ka. Eli­za­beth war in­tel­li­gent und wiss­be­gie­rig, erhielt aber keine ih­ren Fä­hig­kei­ten ent­spre­chen­de För­de­rung. Über die Un­ter­richts­stun­den für ihren jün­ge­ren Bruder eignete sie sich den­noch ei­ne um­fas­sen­de Kennt­nis in meh­re­ren Spra­chen so­wie in Phi­lo­so­phie und Ge­schich­te an. Bereits in jun­gen Jahren schrieb sie Ge­dich­te und Dramen, ihr Vater ver­an­lass­te 1820, dass ihr ers­tes län­ge­res Werk, ein Poem in Blank­ver­sen [1], als Pri­vat­druck in kleiner Auflage er­schei­nen konnte.

Mit 15 Jahren erlitt sie ei­nen Reit­un­fall, der zu star­ken und an­hal­ten­den ge­sund­heit­li­chen Pro­ble­men führ­te.

Nachdem die Sklaverei im Em­pire abgeschafft wor­den war, zog die Fa­mi­lie nach Lon­don. 1840 starb ihr ge­lieb­ter Bru­der Ed­ward, was sie in eine tie­fe Depression stürz­te, da sie sich ver­ant­wort­lich für sei­nen Tod fühl­te.[2]

Inzwischen hatte Eli­za­beth meh­re­re Ge­dicht­bän­de ver­öf­fent­licht, die gro­ße An­er­ken­nung fan­den. 1845 be­gann sie ei­nen Brief­wech­sel mit dem sechs Jah­re jün­ge­ren und kaum be­kann­ten Dichter Ro­bert Brow­ning. Erst nach lan­gem Zögern emp­fing Eli­za­beth Robert in ih­ren Räumen, in denen sie schon viele Jah­re die meiste Zeit ans Bett ge­fes­selt war und ih­re Schmer­zen nur durch die re­gel­mä­ßi­ge Ein­nah­me von Lau­da­num [3] dämp­fen konn­te. Der Aus­tausch mit dem jun­gen Dich­ter und die Ver­eh­rung, die sie von ihm er­fuhr, belebten sie auf un­er­war­te­te Weise und 1846 hei­ra­te­ten die bei­den heim­lich und gegen den Wil­len von Eli­za­beths Va­ter. Der hat­te sei­nen Kindern mit Ent­er­bung ge­droht für den Fall, dass sie hei­ra­te­ten und hielt sich auch kon­se­quent daran. Die Na­men der in Un­gna­de Ge­fal­le­nen durften in sei­nem Bei­sein nicht mehr er­wähnt wer­den.

Nach mehreren Zwi­schen­sta­tio­nen in Italien ließ sich das Ehe­paar schließ­lich in Florenz nie­der. 1849 brach­te Eli­za­beth, nach meh­re­ren Fehl­ge­bur­ten, den Sohn Robert Wie­de­mann [4] zur Welt. Sie schrieb wei­ter­hin Ge­dich­te und ver­öf­fent­lich­te u.a. "Casa Guidi Win­dows" (1851) und "Aurora Leigh" (1856), wäh­rend Ro­berts li­te­ra­ri­sche Pro­duk­tion stag­nier­te. 1850 war ihr Ge­dicht­band "Son­nets from the Por­tu­guese" er­schie­nen, Gedichte, die in der Zeit von Ro­berts Wer­ben um sie ent­stan­den waren und spä­ter von Ril­ke ins Deut­sche über­tra­gen wur­den.

Trotz wiedergekehrter ge­sund­heit­li­cher Pro­ble­me un­ter­nahm das Paar Rei­sen nach London, Pa­ris und durch Ita­lien. Eli­za­beth starb 1861 an ei­ner Lun­gen­er­kran­kung. Bei­ge­setzt wur­de sie auf dem "Eng­li­schen Fried­hof" in Flo­renz, der in­zwi­schen zu einer Ver­kehrs­in­sel im öst­li­chen Teil der Stadt ge­wor­den ist [5].

Nach Elizabeths Tod ver­lie­ßen Robert und ihr Sohn Ita­lien und kehr­ten nach London zu­rück.

Der Schwerpunkt des Bu­ches liegt auf der Bio­gra­fie Eli­za­beth Bar­retts, Robert Brow­ning er­scheint eher als Mond, der um sein Zen­tral­ge­stirn kreist. Es gibt vie­le Dialoge in dem Buch, wo­bei unklar bleibt, ob sie aus der um­fang­rei­chen Kor­res­pon­denz Eli­za­beth Bar­rett Brow­nings stam­men oder der Phan­ta­sie der Au­to­rin entsprungen sind. An­ge­neh­me Lek­tü­re, die nicht un­be­dingt das Ver­ständ­nis des Werks vertieft, als Le­bens­be­schrei­bung den­noch in­te­res­sant ist.

Elsemarie Maletzke (*1947) kam über die Sa­ti­re­zeit­schrift Par­don und die Neue Frank­fur­ter Schule (Ro­bert Gern­hardt, Eck­hard Hen­scheid u.a.) zum Jour­na­lis­mus und über den Um­weg Deutsch­leh­re­rin zur ei­ge­nen Au­to­rin­nen­schaft. Ihre Schwer­punk­te sind Rei­sen, Gar­ten­kul­tur und Bio­gra­fien.

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1. The Battle of Marathon. A Poem, London: W. Lindsell

2. Edward begleitete Elizabeth auf einem ihrer Er­ho­lungs­ur­lau­be. Vom Vater zurück ge­ru­fen, erbat Elizabeth eine Ver­län­ge­rung, die be­wil­ligt wurde. In dieser Zeit er­trank Edward, als er mit Freunden ei­nen Aus­flug mit ei­nem Se­gel­boot un­ter­nahm.

3. Eine Tinktur aus Alkohol und Opium, die tropfenweise ein­ge­nom­men wurde. Siehe auch da­zu: Herbert Gram­ma­ti­ko­pou­los: Opium. Ei­ne kleine Kul­tur­ge­schich­te und die literarische Avantgarde der Ro­man­tik. sowie Florian Bissig: Samuel Taylor Cole­ridge. Bio­gra­fie.

4. Wiedemann war der Fa­mi­lien­na­me seiner Groß­mut­ter vä­ter­li­cher­seits. Robert (1849 – 1912) er­reich­te später als Maler eine ge­wis­se Be­kannt­heit.

5. Der Englische Friedhof (Cimitero degli Inglesi) wurde im 19. Jahr­hun­dert für nicht­ka­tho­li­sche Ver­stor­be­ne an­ge­legt. Da­mals lag der Fried­hof außerhalb der Stadt.

Englischer Friedhof in Florenz

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16. März 2024

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