Kassiber leer
Autoren Glossen Lyrik

Alberto Manguel: Tagebuch eines Lesers Alberto Mangel
Tagebuch eines Le­sers
S. Fischer Verlag 2005, 238 Seiten
ISBN 3-10-048751-6

"Physiker stellen sich vor, dass das Uni­ver­sum vor sei­ner Ent­ste­hung in ei­nem Zu­stand der La­tenz ver­harr­te, Zeit und Raum blie­ben bis zum Ur­knall in der Schwe­be, in ei­nem "Ne­bel der Mög­lich­kei­ten", wie es ein Au­tor for­mu­lier­te. Die La­tenz dürf­te Le­ser nicht über­ra­schen, für die je­des Buch in ei­ner Art Schlum­mer ver­harrt, bis es durch die Hän­de, die es auf­schla­gen, und die Au­gen, die es durch­stö­bern, zum Le­ben er­weckt wird. Die fol­gen­den Sei­ten sind mein Ver­such, die­se Er­weckun­gen fest­zu­hal­ten."

So endet die Vor­be­mer­kung des Autors und es folgt ein Ge­flecht aus sehr persönlich ge­hal­te­nen Le­se­er­leb­nis­sen, ei­ni­gen po­li­ti­schen Er­eig­nis­sen in der Zeit, die die­ses Ta­ge­buch umfasst, und Begeg­nungen mit Men­schen, Mo­men­ten und Er­in­ne­run­gen. Nichts tief schür­fen­des, eher plau­dernd be­schrie­ben, die Trenn­linien zwi­schen Literatur und Leben sind durch­lässig.

Alberto Manguel ist ein homme de lettres par ex­cel­lence: Autor, Über­setzer, Re­dak­teur und für mich le­gen­där als Vorleser für den damals schon er­blin­de­ten Bor­ges. Sein Thema ist das Le­sen, sind Bücher, ist die Li­te­ra­tur als etwas zu­tiefst mensch­li­ches, als etwas, das nicht nur das Leben be­schreibt, son­dern Teil des Le­bens ist. Für ihn und für viele andere ein ganz be­son­de­rer und wich­ti­ger Teil.

Und vor allem ist lesen für Manguel ein Dialog, ein Ge­spräch zwischen Autor und Le­ser, das weit über eine bloße Re­zep­tion hinausgeht. Was im "Tage­buch ei­nes Le­sers" wie Ko­in­zi­den­zen zwi­schen Fik­tion und Realität er­scheint – der Krieg im Irak deutet sich an –, sind tat­säch­lich die Über­lap­pun­gen und Durch­drin­gun­gen, die nicht nur Manguel als intensiver Leser erlebt, wäh­rend, zwi­schen und nach der Lektüre.

Es sind keine Gegen­über­stel­lungen, Leben und Li­te­ra­tur spie­geln sich inei­nander, durch­drin­gen sich, sind un­lös­bar mit­ei­nan­der ver­wo­ben.

17. Oktober 2013

Alberto Manguel: Eine Stadt aus Worten

Über Literatur

Gelesen : Weiteres : Impressum